Warum ein "light Wargame" ?
Wargames haben den Ruf, komplizierte Regeln zu haben und lange zu dauern. Das ist nicht jedermanns Sache. Es gibt jedoch durchaus auch Spiele aus dem Wargames-Sektor, die einfach zu erlernen sind, nur ein bis zwei Stunden dauern und viel Spass und Spannung bieten. Das Zwei-Personen-Spiel "Manoeuvre" von GMT Games 2008 publiziert, gehört zu dieser Kategorie der "light Wargames".
In Manoeuvre kämpfen zwei Armeen des 19. Jahrhunderts auf einem schachbrettartigen Spielfeld gegeneinander. Jeder Spieler versucht mit Hilfe des Kartendecks seiner Armee, seine Truppen im Gelände (Hügel, Wälder, Siedlungen) optimal einzusetzen.
Auf der Brettspiel-Plattform Boardgamegeek wird Manoeuvre mit einer Note von 7.3 (max. 10) und mit einer Komplexität von 2.1 (max. 5) bewertet.
Nicht erhältlich - do it yourself
Das Spiel ist leider vergriffen und und auch auf dem Second-Hand-Markt kaum erhältlich. Da auf Boardgamegeek Bilder sämtlicher Komponenten zu finden sind, habe ich mich entschlossen, mir meine eigene Kopie des Spiels herzustellen und dabei gleich einige Verbesserungen einzubauen:
Spielbrett
Das quadratische Spielfeld mit 8x8 Feldern wird für jedes Spiel neu mit Kartonplättchen neu gestaltet, die verschiedene Geländearten wie Hügel, Wälder, Siedlungen, Ackerland, usw. darstellen. Damit diese Geländeteile beim Spiel nicht dauernd verrutschen, habe ich mein Spielfeld mit Magnetfolie bezogen und unter alle Geländeplättchen dünne Metallfolie geklebt. Ausserdem sind meine Hügel-Plättchen extra dick, so dass die Hügel auf dem Spielfeld gut erkennbar sind und ein einfacher 3D-Effekt entsteht.
Spielsteine
In Manoeuvre sind 12 verschiedene Armeen des 19. Jahrhunderts repräsentiert, von den Europäern wie Frankreich, Grossbritannien, Preussen, Österreich und Russland über das Osmanische Reich bis hin zum fernöstlichen Tokugawa Shogunat, indischen Maharajas und der chinesischen Qing-Dynastie. Alle diese Armeen bestehen aus acht Einheiten (Infanterie und Kavallerie) verschiedener Qualität. Im folgenden Bild sind die Spielsteine der britischen, preussischen und osmanischen Armee zu sehen:
Spielkarten
Im Spiel werden die Truppen durch das Ausspielen von Karten aktiviert. Jede Armee verfügt über ein eigenes, individuelles Set von 60 Karten. Diese Karten repräsentieren die acht Einheiten der Armee, aber auch Spezialfähigkeiten wie Hinterhalte, Gewaltmärsche und Nachschub, sowie Generäle, die in Kämpfen unterstützend eingreifen können. Eine typische Kartenhand von fünf Karten der russischen Armee kann z.B. so aussehen:
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Meine eigenen Karten sind deutlich grösser als diejenigen im Originalspiel. Sie sind dadurch einfacher zu handhaben und besser lesbar. |
Spieleschachtel
Ich mag es gerne, wenn ein Spiel rasch aufgebaut und spielbereit ist und ich es auch ebenso rasch wieder einpacken und wegräumen kann. Dafür spielt eine gut organisierte Spieleschachtel eine wesentliche Rolle: Die Geländeplättchen, Spielsteine und Spielkarten sind alle in separaten Haltern oder Boxen organisiert. Oben drauf ist genügend Platz für das Spielbrett, Spielhilfen und -regeln.
jetzt aber endlich - die Kampagne:
In Manoeuvre werden einzelne Schlachten gespielt, was auch wunderbar funktioniert. Zusammen mit meinem langjährigen Spielepartner P. haben wir uns eine einfache Kampagne ausgedacht, die es ermöglicht, dass sämtliche zwölf Armeen mindestens ein Mal gespielt werden. Auch auf Boardgamegeek gibt es ähnliche Überlegungen zu einem Kampagnen-Modus für Manoeuvre.
Wie läuft die Kampagne ab?
Unsere Kampagne basiert auf einer Rangierung der zwölf Armeen durch Jeff Horger, den Autor des Spiels. Auf der Basis zahlreicher Testspiele hat er die Armeen nach ihrer Stärke geordnet:
- Frankreich
- Grossbritannien
- Russland
- Preussen
- Osmanisches Reich
- Österreich
- Spanien
- Schweden
- Tokugawa Shogunat
- USA
- Qing Dynastie
- Indische Maharajas
Wir beginnen die Kampagne mit einer Partie zwischen den beiden stärksten Armeen, Frankreich gegen Grossbritannien. Wer das Spiel gewinnt, muss für die folgende Partie die nächstschwächere, noch nicht gespielte Armee wählen, nach dem ersten Spiel also Russland. Der Verlierer behält seine Armee für die folgende Partie. So werden in insgesamt 11 Spielen alle Armeen mindestens ein Mal gespielt.
Das Ergebnis jedes Spiels wird in Form von Punkten für die Kampagne gewertet:
- für einen "Attrition Victory" (mindestens 5 gegnerische Einheiten geschlagen) erhält der Sieger die Anzahl geschlagener gegnerischer Einheiten plus fünf Punkte, der Verlierer die Anzahl gegnerischer Elemente die er eliminiert hat. Bei einem 5 zu 3 Sieg also 5 + 5 Punkte für den Sieger, 3 Punkte für den Verlierer.
- bei einem "Nightfall Victory" (Spiel endet, nachdem der zweite Spieler sein Kartendeck durchgespielt hat) wird die Anzahl der in der gegnerischen Spielfeldhälfte besetzten Felder gezählt. Sieger ist derjenige Spieler, der mehr gegnerische Felder besetzt hält. Diese Anzahl Felder ergibt direkt die Kampagnenpunkte für die beiden Spieler.
Spiele Nr. 1 bis 3
Das Startspiel kann ich mit den Briten gegen die Franzosen denkbar knapp mit 13 gegen 12 besetzte Felder gewinnen. Damit wird P im zweiten Spiel erneut mit der französischen Armee spielen, die er nun schon kennt, während ich die Russen spielen werde.
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1. Spiel: Frankreich gegen Grossbritannien aus Sicht der Briten. Noch sind alle Einheiten auf dem Spielfeld. |
Das dritte Spiel, Preussen gegen Russland, endet erstmals mit einem "Attrition Victory": Ich kann mit meinen Russen fünf preussische Einheiten aus dem Spiel eliminieren, während ich erst zwei Einheiten verloren habe und damit endet das Spiel sofort. Dafür erhalte ich stolze 5+5 Punkte, gegen P's magere 2 Punkte. Erneut wechselt die Führung in der Kampagnenwertung.
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Russland (grün, von links) gegen Preussen (grau, von rechts). Bereits hat die preussische Armee zwei ihrer Einheiten verloren. |
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Stand der Kampagne nach drei Partien |
die Spiele Nr. 4 bis 6
Die Schlacht Nr. 4 zwischen Preussen und Osmanen bringt eine Premiere, weil wir nach Ende des Spiels feststellen, dass beide Armeen je neun gegnerische Felder besetzt halten - Gleichstand! Für die Kampagnenwertung erhält somit jeder gleich viele Punkte. Damit die Kampagne aber weitergehen kann, muss ein Sieger bestimmt werden. Gemäss den Manoeuvre Tie-Break-Regeln gewinnen die Osmanen. Somit wird P im nächsten Spiel die Preussen zum dritten Mal kommandieren, während ich zu den Österreichern wechseln muss. Mein Vorsprung von fünf Punkten in der Kampagnenwertung bleibt erhalten.
Im Spiel Nr. 5, Preussen gegen Österreich, fegen die Preussen dank ihrem erfahrenen General P die Österreicher mit 13 zu 8 besetzten Feldern vom Spielfeld. Somit behalte ich die Österreicher und P wechselt zu den Spaniern. Mit diesem Resultat hat P die Kampagnenwertung ausgeglichen, es steht 47 zu 47 Punkte.
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Endstand des Spiels Nr. 5 Preussen (grau, oben) gegen Österreich (weiss, unten). Die Preussen besetzen 13 gegnerische Felder, die Österreicher nur 8. |
Spiel Nr. 6 wird zwischen Österreich und Spanien ausgefochten. Mein Erfahrungsbonus mit den Österreichern zahlt sich leider gar nicht aus. Die Spanier setzen ihre zahlreichen "Guerilla"-Karten geschickt ein und gewinnen das Spiel durch Elimination von fünf meiner acht Einheiten. Das gibt 5+5 Punkte für P und nur 3 für mich. Damit geht P in der Kampagne mit sieben Punkten in Führung!
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Stand der Kampagne nach sechs Partien |
die Spiele Nr. 7 bis 9
In Spiel Nr. 7 habe ich (zum dritten Mal!) die Österreicher, diesmal gegen Schweden. Mit einem knappen Sieg von 8 zu 6 besetzten Feldern kann ich für das nächste Spiel die Österreichische Armee hinter mir lassen und wechsle zur Armee des japanischen Tokugawa Shogunats. Der Kontrast könnte nicht grösser sein!
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Der Kampf zwischen Österreich (weiss unten) und Schweden (schwarz, oben) ist sehr ausgeglichen. |
Die Armee des Tokugawa Shogunats unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von den europäischen Armeen: Sie verfügt über keine einzige Kavallerie-Einheit und alleine die Karte des Shogun Yoshinobu Tokugawa funktioniert wie ein General, der alle seine Truppen unterstützen kann. Die anderen sieben Generalskarten sind Anführer ihrer Clans und können nur ihre eigenen Truppen führen - bei nur fünf Karten in der Hand, treffen die passenden Karten leider nicht oft aufeinander. Hingegen verfügt die Tokugawa Armee über zwei einzigartige Karten: Mit "Banzai" dürfen gleich zwei Einheiten bis zu zwei Felder weit ziehen (das kann keine europäische Armee) und mit "honorable death" wird eine eigene Einheit geopfert und dafür erhalten alle angrenzenden gegnerischen Einheiten einen Treffer.
Spiel Nr. 8, Tokugawa Shogunat gegen Schweden) beginnt nicht gut für mich: Innerhalb kurzer Zeit verliere ich zwei Einheiten und die Schweden rücken auf breiter Front in meine Spielfeldhälfte vor. Danach beruhigt sich das Spiel etwas und ich kann zwei schwedische Einheiten schlagen, verliere aber postwendend meine dritte Truppe. Noch immer stehen die Schweden tief in meiner Hälfte - und würden bei Spielende entsprechend viele Punkte sammeln. Um noch eine Chance auf den Sieg zu haben muss ich deutlich offensiver werden und damit mehr Risiken eingehen. Für diese Taktik werde ich mit der Elimination der dritten schwedischen Einheit und mit einer besseren Position auf dem Spielfeld belohnt. Das Spiel ist nun ausgeglichen und steht kurz vor dem Ende durch die hereinbrechende Nacht (mein Kartenstapel ist schon einmal durchgespielt, P hat nur noch wenige Karten in seinem Stapel). Zu meinem Glück erscheint Shogun Tokugawa zum zweiten Mal auf dem Spielfeld und hilft mit, die vierte schwedische Einheit aus dem Spiel zu schlagen. Als P das angeschlagene Kalmar Regiment unvorsichtigerweise aus seiner sicheren Position in einer Stadt herauszieht, schlage ich zu (wiederum mit Glück, dass ich über die passende Einheiten-Karte verfüge) und gewinne das Spiel mit "Attrition Victory" und mit 5+5 gegen 3 Punkte. In der Kampagnenwertung liege ich nun wieder zwei Punkte vorne. Die Kampagne verläuft sehr spannend!
Spiel Nr. 9, USA gegen Schweden: Der Spieleautor Jeff Horger hat sich nicht dazu verleiten lassen, die Armee seines Heimatlandes mit besonders starken Einheiten oder Fähigkeiten auszustatten, Im Gegenteil: Die USA-Truppen verfügen nur über bescheidene Angriffswerte und ihre einzige Spezialfähigkeit ist der Rückzug aus dem Gefecht. Zu meiner Überraschung beginnt das Spiel sehr positiv für meine US-Boys. Ich kann die Schweden rasch zurückdrängen und bald danach deren Dragoner-Einheit schlagen.
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die Schweden (schwarz) werden von den US-Amerikanern (hellblau) zurückgedrängt. |
Leider kann ich diesen anfänglichen Erfolg nicht weiter ausbauen. Die Schweden verbessern ihre Positionen langsam aber stetig und es entwickelt sich ein zäher Kampf, in welchem die Schweden mehr und mehr die Oberhand gewinnen. P dreht das Spiel von einem Rückstand zu einem Vorsprung von 4 gegen 1 geschlagenen Einheiten und besetzt dabei auch grosse Teile des gegnerischen Geländes. Die USA stehen mit dem Rücken zur Wand.
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Die USA haben bereits vier Einheiten verloren, die Schweden erst eine. Ausserdem besetzt Schweden viel Territorium des Gegners. Der Ausgang des Spiels scheint zu diesem Zeitpunkt klar zu sein. |
Meine risikoreiche Schlussoffensive wird durch das Schlagen einer zweiten schwedischen Einheit belohnt, aber sie kommt zu spät. Das Spiel endet bei Einbruch der Dunkelheit (beide Spieler haben ihren Kartenstapel durchgespielt) und die Schweden gewinnen sehr deutlich mit 14 zu 6 besetzen Feldern.
Mit diesem Resultat wechselt die Führung in der Kampagne wiederum zu P, der nun mit 80 zu 74 Punkten vorne liegt. Kann ich in den verbleibenden zwei Spielen diese sechs Punkte Rückstand aufholen? Dafür werde ich das nächste Spiel gewinnen müssen ..
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Stand der Kampagne nach neun Partien |
Spiel Nr. 10, USA gegen Qing-Dynastie: Das zweitletzte Spiel der Kampagne beginnt ...
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Kurz nach Spielbeginn ist die Partie noch ausgeglichen. |
... einigermassen ausgeglichen. Gemäss dem Spiele-Autor sollten die Qing-Chinesen den USA unterlegen sein und dies lässt mich unvorsichtig werden: Meine stärkste Einheit, das 1st Regiment ist nach einem Kampf angeschlagen. Doch statt die Einheit sofort wiederherzustellen, spare ich mir die wertvolle Einheiten-Karte auf meiner Hand auf und hoffe, recht bald eine Supply-Karte zu ziehen und damit die Einheit wieder auf volle Stärke zu bringen. Bevor es aber dazu kommt, wird das 1st Regiment erneut angegriffen, verliert den Kampf und damit ist meine beste Einheit schon kurz nach Spielbeginn eliminiert! Wenig später verliere ich auch meine einzige Kavallerie-Einheit. Die Qing-Chinesen erweisen sich als kampfstarke Truppe.
Es gelingt mir auch mit fortschreitender Spieldauer nicht, die Qing-Chinesen in den Griff zu bekommen. Meine Angriffe bleiben weitgehend wirkungslos, während der Gegner weiter vorrückt. Kurz vor Ende des Spiels gelingt es mir endlich, die gut positionierte Mongolische Reiterei zu schlagen und ich schöpfe ein wenig Hoffnung. Leider zu Unrecht, denn ich verliere postwendend eine dritte Einheit. Am Ende des Spiels ist die Überlegenheit der Qing-Chinesen auf dem Spielfeld klar erkennbar:
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Am Ende des Spiels resultiert ein klarer Sieg der Qing-Chinesen. |
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Die indische Reiterei hat den Hügel im Zentrum schon besetzt, während die US-Armee langsam vorrückt. |
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Die indische Mughal-Infanterie hat den linken Flügel der US-Armee durchbrochen. |
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Der zentrale Hügel ist heftig umkämpft. |
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Das 3. US-Regiment hat den zentralen Hügel erobert; damit ist der Weg zum indischen Teil des Spielfelds offen. Ausserdem sind zwei indische Einheiten angeschlagen. |
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Ende des Spiels: Die USA gewinnen das Spiel mit 3 gegen 2 Punkte. |
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P gewinnt die Kampagne klar mit 94 zu 77 Punkten, herzliche Gratulation! |
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